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Grenzenlose Freundschaft
Musikalisches Familientreffen – endlich wieder analog: Der Kirchenchor der katholischen Gemeinde St. Elisabeth, darunter auch Lisa Strauß (re.) und ihr Vater Klaus Lojewsky, freut sich schon jetzt auf den nächsten Besuch ihrer Freunde aus der französischen Partnerstadt Vincennes. Foto: Volker Beushausen

Grenzenlose Freundschaft

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Dinah Bronner

Seit November trägt Castrop-Rauxel die Auszeichnung „europaaktive Kommune“ – passend zu 60 Jahren als Europastadt im nächsten Jahr. Sogar ein Jahr länger besteht schon die Städtepartnerschaft mit dem französischen Vincennes – gelebt besonders von zwei Kirchenchören.

Meine Oma erzählte noch davon, wie sie als junge Frau in der unmittelbaren Nachkriegszeit Angst vor den Franzosen hatte und ihr Haus vor den Besatzungstruppen schützte“, berichtet Lisa Strauß, Sopranistin des Castroper Gemeindechors St. Elisabeth. „Ein Jahrzehnt später lag sie sich regelmäßig mit ihren französischen Chorfreundinnen und -freunden aus Vincennes in den Armen“ – und übertrug damit, wie viele im Chor, die Freundschaft auch auf ihre Nachkommen.

Die jährliche Austauschfahrt zwischen den beiden Partnerstädten ist heute längst nicht mehr wegzudenken. „Egal ob auf französischer oder auf deutscher Seite – wir zaubern jedes Jahr wieder das Beste vom Besten aus dem Hut für unsere Freunde“, sagt Lisa Strauß. „Und es wird alles aufgefahren, was da ist: das leckerste Essen, die schönsten Ausflüge, die besten Betten. Da haben auch schon Leute auf dem Boden geschlafen, um den Gästen die gemütlichsten Betten abzutreten.“ Jedes Jahr um Christi Himmelfahrt verbringen so die Vincenner mit den Castrop-Rauxlern ein gemeinsames Wochenende; immer im Wechsel kommt jeweils eine Seite die andere besuchen. „Alles läuft beinahe ritualisiert ab“, erklären die Schwestern Sabine Batzer und Susanne Stöhr. Auch ihre Familie ist Teil des Chors in bereits zweiter Generation: „Donnerstags morgens die sehr frühe Abfahrt, nach der Ankunft das gemeinsame Mittagessen in den Familien und danach zwei gemeinsame Chorproben für unseren Auftritt in der Kirche.“

Lisa Strauß berichtet mit leuchtenden Augen weiter: „Am Freitag gestalten wir immer gemeinsam das musikalische Gottesdienstprogramm, das wir das gesamte Jahr über in unseren Hausgemeinden vorbereiten. Es hat jedes Mal wieder etwas Magisches, wenn wir gemeinsam auf der Bühne unter den bunten Kirchenfenstern singen.“

Bewusst Zeit nehmen

Musik verbindet, und gute Verbindungen stecken an. Susanne Stöhr erinnert sich: „Einmal hatten wir einen französischen Busfahrer zu Gast, der kindheitsbedingt extrem negativ den Deutschen gegenüber eingestellt war. Doch nach den drei Tagen mit unserer Chorfamilie präsentierte er zur Abfahrt stolz ein Liebesgedicht, das er kurzerhand auf Französisch für uns gedichtet hatte.“

Nicht nur Menschen in ihrem Umfeld werden durch die Freundschaft der Chöre angesteckt, auch auf städtischer Ebene ist seit Gründung der offiziellen Partnerschaften viel passiert. Zuvor hatte der Austausch mit der englischen Stadt Wakefield begonnen, kurze Zeit später folgte das Bündnis mit der finnischen Kommune Kuopio – die ersten drei von heute sieben Städtepartnerschaften in Castrop-Rauxel, getragen außer von Musikgruppen auch von künstlerischen Netzwerken oder Sportvereinen.

Hochzeit à la Castrop-Rauxel

Doch nicht nur die Begeisterung für die gleiche Sache schaffe eine nachhaltige Verbindung, meint Lisas Vater Klaus Lojewsky, auch das bewusste Sich-ZeitNehmen für die jeweils anderen trage dazu bei: „Den Samstag halten wir uns in jedem Austausch fest geblockt für gemeinsame Ausflüge. Dieser Tag ist immer besonders. Manchmal finden sogar Familienevents gemeinsam statt.“ Und Tochter Lisa erinnert sich: „Wir haben extra unseren Hochzeitstermin so gelegt, dass die Vincenner dabei sein konnten. Das Schönste ist wirklich, dass wir gemeinsam als Familien miteinander leben“, sagt sie. „Da wird gefeiert und gelacht, aber auch Verluste werden miteinander gelebt und verarbeitet.“ Auch Inklusion sei für die Partnerschaft selbstverständlich, ergänzt Vater Klaus: „Über gesundheitliche Unterschiede, kulturelle Grenzen und soziale Gefälle hinweg und egal, wie und wer du bist. Es geht auch gar nicht darum, ob du singen kannst oder nicht. Das ist so erfrischend; es ist immer wie ein Jungbrunnen für mich.“ „Wir fühlen alle das Besondere in unser Begegnung“, schließen Sabine Batzer und Susanne Stöhr, „jedes Mal wieder“.

Städtepartnerschaften
Castrop-Rauxel besiegelte 1952 seine erste Städtepartnerschaft mit dem britischen Wakefield; im kommenden Jahr feiern die beiden das 70-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft. Heute zählt Castrop-Rauxel als Europastadt im Grünen insgesamt sieben solcher städtischen Partnerschaften. Neben Wakefield und Vincennes gehören dazu das finnische Kupiio, das griechische Trikale, Zonguldak in der Türkei und die polnische Stadt Nowa Ruda. Castrop-Rauxel ist offiziell eine von drei Europastädten in Deutschland.

Info
Stadt Castrop-Rauxel

Europaplatz 1
44575 Castrop-Rauxel

stadtverwaltung@castrop-rauxel.de
02305 1060
https://www.castrop-rauxel.de

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