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Mit 25 km/h von Ickern nach Haltern
Fotos: Volker Beushausen

Mit 25 km/h von Ickern nach Haltern

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Sabine Raupach-Strohmann

Sie sind Relikte vergangener Zeiten und Gegenentwurf zur allgemeinen Beschleunigung. Der Club Mofacas aus Ickern feiert die Langsamkeit der „Fahrräder mit Hilfsmotor“ und die Geselligkeit drumherum.

RockerBraut“ Anna Coutourier schiebt ihre rote Maschine auf die Insterburger Straße und schmeißt sie an. Fünf Kerle in schwarzen Kutten folgen ihr auf ihren „heißen Öfen“: Club Fahrt nach Haltern – mit 25 km/h und schönen Pausen – ein entspannter Tagesausflug. „Das entschleunigt total. Wenn ich schnell fahren will, nehme ich das Auto.“ Die Faszination, die vom echten Mofa ausgeht, hat Gerd Audehm selbst überrascht. Denn den „RockerClub“ der langsamen Art, die Mofacas, hatte er in einer Bierlaune auf dem traditionellen Nachbarschaftsfest ins Leben gerufen – „als Antwort auf die Sprüche eines HarleyFahrers“.


Damit war die Idee geboren, die sich in den Köpfen der Nachbarn, die zugleich Freunde sind, festsetzte. „Wir recherchierten im Internet nach RetroMofas“, erzählt Präsident Harry Leyk, Anna Coutouriers Lebensgefährte. Und wurden fündig: Etwa 1.000 Euro mussten sie für die Mofas der Marken Hercules, KTM und Peugeot aus den 70er und 90erJahren hinblättern. Seitdem werden sie nicht mehr gebaut. Deshalb können sie vor ihren etwa 20 Fahrten im Jahr auch nicht einfach den heutigen Sprit an der Tanke nehmen: „Wir mischen selbst Benzin mit Zweitakt-Öl.“
In Annas und Harrys Garage wird seitdem mit Hingabe geschraubt, geschweißt und lackiert. Kein Wunder, dass alle Mofas auch Namen haben: Elfriede, Roxy oder Marie – benannt nach Harrys Oma. Ihr Häuschen ist Dreh und Angelpunkt der Mofacas – die Garage, aber vor allem der Partykeller, der für alle Freunde und Nachbarn offensteht. Hier geben Anna und Harry mit ihrer Band „Cherry Bomb“ schon mal kleine Livekonzerte.

Motor für Gemeinschaft

„Wir sind eine großartige Gemeinschaft“, sagt Björn Kemper. Er ist hier auf der Straße aufgewachsen und wie viele andere wieder hierher zurückgekehrt. Auch er hat sein Herz fürs Mofa entdeckt; mittlerweile hat er zwei dieser Zweiräder. Alle Mofacas-Mitglieder wohnen im Umkreis von 100 Metern. Da sind Treffen zum gemeinsamen Schrauben schnell abgestimmt. Anna als Hörgeräteakustikerin und Björn als SHK-Meister sind die einzigen „echten“ Handwerker, doch auch alle anderen bringen technisches Geschick mit. Und jede Menge Kreativität: Den gefährlich brüllenden Bären auf den Kutten hat Harry selbst entworfen – „nach dem Wappentier der ostpreußischen Stadt Insterburg, nach der unsere Straße benannt ist“. Außer dem brüllenden Bären prangt neben vielen individuellen Patches das Logo NMFG auf allen Vereinswesten für „Nachbarschaftliche Mofa-Fahrgemeinschaft“. „25 km/h Hardcore – echte Gefühle“ – der Aufnäher zeigt, dass die Rocker-Attitüde humoristisch gemeint ist. Das nimmt auch der Harley Fahrer aus der Nachbarschaft nicht krumm. Die erst 2022 gegründete Mofa-Gemeinschaft findet im Umkreis immer mehr Liebhaber: Einige Nachbarn stehen in den Startlöchern und suchen bereits geeignete Mofas – darunter auch ein Ehepaar: Sandra und Sebastian Barth. Besonders Anna freut sich über die weibliche Verstärkung: „Ihnen geht es wie uns: Wir haben das Hobby Mofas nicht gesucht – es hat uns gefunden!“

 

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