Castrop-Rauxels neue Digitalisierungsbeauftragte stellt sich vor.
Anke Verhoven ist die neue Digitalisierungsbeauftragte der Stadt Castrop-Rauxel. Diese Stelle hat sie zum 1. August zusammen mit der Leitung der Stabsstelle „Digitale Transformation“ innerhalb der Stadtverwaltung übernommen.
Hallo Frau Verhoven. Schön, dass Sie hier sind. Stellen Sie sich doch bitte einmal kurz vor.
„Ich bin Anke Verhoven, 41 Jahre alt, komme aus Castrop-Rauxel, hab schon immer in Castrop-Rauxel gelebt. Ich habe all meine Entwicklungen und Meilensteine hier erlebt, habe hier Sport gemacht, war hier im Ruderverein und verbinde daher eigentlich mein ganzes Leben mit Castrop-Rauxel. Außerdem bin ich Mutter einer achtjährigen Tochter. Für meine Familie da zu sein, ist mir sehr wichtig. Und auch unser Familienhund nimmt viel Zeit in Anspruch. Insofern stehe ich nicht nur für Fragen der Digitalisierung, sondern auch für Fragen zur Hundeerziehung zur Verfügung. Weniger aber zur Kindererziehung.“
Was haben Sie gemacht, bevor Sie zur Stadt gekommen sind?
„Zuletzt habe ich bei der Kreisverwaltung Recklinghausen den IT-Bereich geleitet. Der hat sich zusammengesetzt aus der Infrastruktur, sprich Server, Computer, Netzwerke, Einser und Nullen - alles was wir aus der klassischen IT kennen - und dem Digitalisierungsbereich. Ich habe beim Kreis die reguläre Beamtenlaufbahn des gehobenen Dienstes durchlaufen, bin also ganz schnöde Verwaltungsbeamtin. Als ich eingestiegen bin, habe ich zunächst vor allem in der Organisation gearbeitet, habe Organisationsberatungen und Stellenbewertungen gemacht und konnte mich nur ‚nebenberuflich‘ um die Digitalisierung kümmern, denn vor zwölf Jahren war das Thema noch gar nicht so groß bis hin zu kaum präsent. Ich habe die Digitalisierung dann immer weiter begleitet und bin damit auch quasi bei der Kreisverwaltung groß geworden, bis sie schließlich mein Schwerpunkt wurde.“
Was hat Sie an der Stelle bei der Stadt Castrop-Rauxel gereizt?
„Ich wollte mich weiter spezialisieren, denn auch wenn IT und Digitalisierung sicherlich viel miteinander zu tun haben, sind es zwei unterschiedliche Sportarten. IT ist sehr technisch, sehr auf die Infrastruktur bezogen. Auch wenn ich die IT bei der Kreisverwaltung mitgeleitet und mitverantwortet habe, war das nie mein Schwerpunkt. Ich wollte mein Herzensthema Digitalisierung wieder in der vollen Bandbreite bearbeiten können. Dass das Thema hier als eigenständige Stabsstelle organisiert ist, ist der optimale Rahmen. Denn Digitalisierung hat nicht nur mit der Technik zu tun, sondern sie macht vor allem ganz viel mit den Menschen und der Verwaltung. Deshalb fand ich hier die Ausrichtung, als Stabsstelle organisiert zu sein, extrem reizvoll.“
Und natürlich Castrop-Rauxel.
„UND Castrop-Rauxel. Castrop-Rauxel ist schließlich die schönste Stadt der Welt.“
Digitalisierung ist ja ein weit gefasster Begriff. Was bedeutet Digitalisierung für Sie?
„Digitalisierung ist ein Thema, das sich durch alle Lebensbereiche zieht. Sie betrifft uns persönlich als Mensch, sie betrifft uns als Mitarbeiter, sie betrifft uns in unserem Handeln und sie betrifft uns auch technologisch. Wir werden in unserem Privatleben und unserem beruflichen Alltag mit immer mehr Technik und immer schnelleren Innovationszyklen überfordert. Mir ist daher wichtig, Digitalisierung für den Menschen handhabbar zu halten.“
Gerade im beruflichen Kontext stößt das Stichwort Digitalisierung ja häufig auf Ablehnung.
„Die Umstellung auf digitale Prozesse ist natürlich immer mit einer Umgewöhnung und dem Abschied von etablierten Abläufen verbunden. Das kann am Anfang schonmal ein bisschen weh tun. Wenn wir unsere Arbeitsplätze hier bei der Stadtverwaltung genauer betrachten, sehen wir, dass wir stetig neue Fachverfahren und Anwendungen hinzugewinnen- ein neues Intranet hier, neue Features und Gimmicks da -, die wir nicht nur nutzen können, sondern von denen auch erwartet wird, dass wir sie nutzen. Es wird selbstverständlich. Ich glaube, das ist aber nicht für uns alle in dieser Schnelligkeit und in diesem Umfang leistbar, da auch die fachlichen Herausforderungen für die Beschäftigten gleichermaßen steigen. Für mich ist Digitalisierung daher immer ganz stark mit der Frage verbunden, was diese ganzen Neuerungen mit dem Menschen machen und wie wir sie bestmöglich in unsere bestehenden Arbeitsabläufe und Prozesse integrieren können.“
Es geht also für Sie darum, auszuloten, welche Prozesse und Abläufe digitalisiert werden sollten und welche nicht?
„Nein. Das kann und will ich gar nicht entscheiden, aber am Ende des Digitalisierungsprozesses soll natürlich immer ein besserer Arbeitsablauf für die Mitarbeitenden oder ein einfacherer Prozess für die Bürgerinnen und Bürger entstehen. Digitalisierung muss sich immer an den Bedürfnissen aller Beteiligten orientieren. Diese Bedürfnisse müssen gehört, aufgenommen und in den Prozess der Digitalisierung eingearbeitet werden. ‚Besserer Ablauf‘ ist nämlich relativ: Was für mich vielleicht besser erscheint, muss für den Sachbearbeiter oder die Sachbearbeiterin nicht unbedingt arbeitserleichternd sein. Daher müssen alle Beteiligten ‚an einen Tisch‘ geholt werden. Wir in der Stabsstelle vermitteln und koordinieren in diesem Prozess. Es ist ein ganzheitliches Thema, das sich quer durch alle Bereiche hindurchzieht.“
Sie sind also die Schnittstelle im stetig voranschreitenden Digitalisierungsprozess.
„Genau. Die ganzen unterschiedlichen Sichtweisen und Bedürfnisse müssen von uns in Einklang gebracht werden. Denn die verschiedenen Bereiche sprechen zum Teil auch ganz andere ‚Sprachen‘. Auch so sehe ich die Rolle der Stabsstelle: Zu übersetzen, zwischen den ganzen verschiedenen Strömungen, die Digitalisierung bedeuten. Stellen wir uns zum Beispiel die teilweise hohen technischen Zusammenhänge vor, die Teil eines Digitalisierungsprozesses sind. Hier braucht es oft eine Vermittlung im Sinne einer Übersetzung, um die fachlichen Anforderungen der Kolleginnen und Kollegen auch technisch einschätzen zu können und andersrum zum Beispiel die technischen Belange eines Fachverfahrens mit den fachlichen Inhalten zu vereinbaren. Die Stabsstelle ist bewusst kein technischer Dienstleister, hierzu sind wir als Stadtverwaltung beim Bereich Informationstechnik und zentrale Dienste bereits in sehr guten Händen.“
Wie ist der Sachstand in der Digitalisierung?
„Ich erlebe hier viele engagierte Kolleginnen und Kollegen und sehr gute Grundlagen, die in der Stadtverwaltung geschaffen wurden. Nach meinem Kenntnisstand sind wir als Stadt Castrop-Rauxel zum Beispiel die einzige Verwaltung im Kreis Recklinghausen, die eine digitale Personalakte eingeführt hat. Das finde ich schon bemerkenswert, dass man das in dem Ressourcenrahmen, den wir hier nun mal haben, so gut umsetzen konnte. Das wirkt jetzt noch nicht so richtig auf die Bürgerinnen und Bürger, bringt aber der Verwaltung extrem viel. Man muss sich ja immer fragen, wo unsere ersten Prioritäten liegen. Man hat sich hier dafür entschieden, einen großen Verwaltungsbereich zu digitalisieren, um nach innen Potenziale aufbauen zu können. Das ist schon herausragend. Darüber hinaus gibt es auch ganz viele bürgerbezogene Dienstleistungen, die hier im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes umgesetzt wurden. Auch das ist nicht der normale Standard - das muss man einfach sagen. Und das alles immer unter dem Damoklesschwert unserer finanziellen Situation.“
Was ist mit Smart City? Sind stadtweite Digitalisierungsprojekte überhaupt umsetzbar, oder müssen wir damit warten, bis wir wieder Geld haben?
„Auf den Zeitpunkt, dass wir wieder Geld haben, dürfen wir nicht warten. Smart City ist ein Thema, das schwerpunktmäßig bei den Stadttöchtern, wie dem EUV Stadtbetrieb, der Wirtschaftsförderung oder den Stadtwerken betrachtet wird. Wir müssen das Thema Smart City aber immer auch als Stadtkonzern als Ganzes in den Blick nehmen. Als Wirtschaftsstandort und als Zukunftsthema für das Stadtgebiet Castrop-Rauxel ist es essentiell, dass wir uns gemeinsam darum kümmern. Wir müssen uns zum Beispiel natürlich auch mit Sensoren im Stadtgebiet beschäftigen, die z.B. Umweltdaten sammeln. Aber als Stadtverwaltung müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass die aus solchen Sensoren erhobenen Daten vernünftig verarbeitet werden. Da tragen wir als Verwaltung eine große Verantwortung, mit diesen schützenswerten Daten vernünftig umzugehen.“
Gibt es sonst noch etwas, wo Sie unbedingt ansetzen möchten?
„Wir haben ja hier den Luxus, dass wir extrem gute Grundlagen haben, in Form des Digitalisierungskonzeptes, das mein Vorgänger Jan-Philip Hermes noch durch die Politik verabschieden lassen konnte. Dadurch werden ja schon viele Schwerpunkte gesetzt. Insbesondere auch die Themen digitale Bürgerbeteiligung und digitale politische Arbeit. Es macht aber eben keinen Sinn, von der Stabsstelle Digitalisierung heraus - sozusagen ‚von oben herab‘ - zu entscheiden, welcher Bereich der Stadtverwaltung digitalisiert wird. Im Idealfall kommen die Kollegen proaktiv auf uns zu. Wir verstehen uns in der Stabsstelle ganz klar als Dienstleister. Wir möchten helfen, wo wir können. Und wenn es nur ist, dass wir koordinieren, dass wir verbinden, Ansprechpartner benennen oder Hilfestellung bieten. Digitalisierung soll nicht stören, sondern helfen!“