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Neue Rolle für Filmbösewicht
Foto: Marco Stepniak

Neue Rolle für Filmbösewicht

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Sabine Raupach-Strohmann

Viele Rollen hat Adam Ganne schon gespielt. Gestern noch der Bösewicht in Hollywood, heute der gute Lehrer in Castrop-Rauxel. Planänderungen bestimmen sein Leben.

Ein tiefes Brummen kommt aus 25 Kehlen. Die Schüler recken und strecken sich, schütteln Arme und Beine, mittendrin ihr Lehrer als „Vorturner“. „Up and down“ ruft Adam Ganne. Für ein Jahr unterrichtet der 43-jährige Schauspieler, Sprach- und Stimmausbilder als Seiteneinsteiger Englisch in drei Schulstufen am Ernst-Barlach-Gymnasium – und überrascht Schüler und Kollegium mit neuen Methoden. „Bewegung ist wichtig für eine freie, kraftvolle Stimme und die Konzentration“, sagt er.

„Bewegung ist wichtig für eine freie, kraftvolle Stimme und die Konzentration.“ Adam Ganne, Schauspieler, Sprach- und Stimmausbilder

Bevor er in diese völlig neue Rolle schlüpfte, lebte und arbeitete der gebürtige Pole die letzten 25 Jahre in London, inzwischen seine zweite Heimat. „Nach dem Abi hatte es mich magisch dorthin gezogen.“ Nach vielen spannenden Auftritten in der Theater-AG seiner Schule in Lüdenscheid, wo er seit seinem fünften Lebensjahr aufwuchs, wollte er Schauspieler werden – und wurde es über verschiedene Studien für eine Zeitlang. Seine polnischen Wurzeln und sein deutscher Akzent machten ihn zur Idealbesetzung des bösen Nazis in britisch-amerikanischen Kriegsfilmen – unter anderem als Kontrahent von Brad Pitt.

Auch bei Plan B: den Genen nach

Als die Rollenangebote spärlicher wurden, musste eine Planänderung her: Adam Ganne machte einen Master in Sprechen und Stimme und unterrichtete in London an Schauspielschulen und Unis. „Eigentlich folge ich meinen Genen“, sagt Adam Ganne schmunzelnd. Opa und Onkel waren Schauspieler in Warschau, die Mutter Lehrerin in seinem Geburtsort Posen. Und als es ihn jetzt wieder zurück zur Familie, alten Bekannten und Freunden nach Deutschland zog, war schnell der nächste Plan gefasst: „Ich probiere es mal hier und schaue.“

Er bewarb sich im NRW-Onlineportal auf einige Lehrerstellen im weiten Umkreis von Hagen – unter anderem an der Folkwang Universität der Künste in Essen – doch das Ernst-Barlach-Gymnasium war schneller: Nach einer Hospitation stand dort fest: Adam Ganne kann die Schule bereichern, also kann er bleiben – zunächst für ein Schuljahr, so lange ist die Vertretungsstelle bewilligt.

Große Umstellung

„Es ist eine große Umstellung und Herausforderung“, so das erste Fazit von Adam Ganne nach den ersten Unterrichtserfahrungen. Fünft-, Siebt- und Neuntklässler zu unterrichten sei schon anders als Studierende und Erwachsene. „Aber ihre Unbefangenheit und Neugier sind schön.“ Er versucht für jeden Schüler im Unterricht präsent zu sein, mit ihm zu kommunizieren. „Das ist wie schauspielern – da muss man das Publikum erreichen, agieren und reagieren.“ Dazu ist er stets im Klassenraum unterwegs, sucht den Blickkontakt, fordert die Schüler auf, hilft ihnen auf die Sprünge. Auch buchstäblich mit Bewegungseinheiten. Es soll Spaß machen. „Ich möchte der Lehrer sein, zu dem man hingehen kann und möchte.“


Doch schon nach einigen Unterrichtsstunden ist ihm klar, dass auch er ein Lernender ist: der Unterrichtsstoff muss vermittelt, in der Klasse für Disziplin bis in die hintere Ecke gesorgt werden – ohne Strenge. Auch der Schultag mit nur kurzen Pausen zwischen den Unterrichtsstunden will organisiert sein. „Ich brauche Methoden von den Kollegen, wie man bei allem seine körperlichen und geistigen Ressourcen managt.“ Dazu gibt es am Ernst-Barlach-Gymnasium Microtrainings der Lehrer untereinander – jeder vermittelt seine Stärken. Adam Ganne wird sein Wissen aus der Sprach- und Stimmbildung einbringen. Und natürlich wird er sich auch in der Theater-AG engagieren – „vielleicht mit kleinen Theaterstücken auf Englisch.“

INFO:
www.ebg-castrop.de

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