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Vor der Flut schützen

Vor der Flut schützen

Lesedauer: ca. 4 Min. | Text: Stefan Prott

Wie sehr der Klimawandel das Wetter beeinflusst, spüren wir nicht nur an Hitzetagen: Es kommt auch vermehrt zu Starkregen – und als Folge zu überfluteten Kellern. Wer eine Immobilie besitzt, sollte sich um wirksame Vorsorge kümmern.

Starkregen ist mehr als ein ordentlicher Schauer: Der Deutsche Wetterdienst spricht von einem Stark- regenereignis, wenn mehr als 15 Liter Regen pro Quadratmeter vom Himmel fallen, im Extremfall sind es über 40 Liter. Und weil extreme Wetterlagen gerade in unserer Region zunehmen, haben vermutlich die meisten Menschen schon Erfahrungen damit gemacht. Weit weniger bekannt ist, wie das System der Entwässerung bei starkem Niederschlag funktioniert. „Abwasser ist eine Sache, Starkregen eine andere", sagt Prof. Dr. Bert Bosseler. „Regen findet an der Oberfläche statt. Für solche seltenen Ereignisse wird die Kanalisation gar nicht ausgelegt. Extremereignisse sollten möglichst durch oberirdische Rückhalteräume und Abflusswege in der Stadtplanung berücksichtigt werden", so der Experte vom IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur in Gelsenkirchen. Was aber tun, wenn immer häufiger die Gefahr droht, dass Keller voll laufen? Die Emschergenossenschaft klärt auf, dass für eine wirksame Vorsorge drei Bereiche ineinander greifen müssen: die private Grundstücksentwässerung, das städtische Kanalnetz und die Anlagen der Emschergenossenschaft, die das Abwasser zur Kläranlage transportieren. „Alle drei Komponenten müssen einwandfrei funktionieren, damit es zu keinen Schäden kommt", sagt Ilias Abawi. „Unsere Kanäle sind nach anerkannten Regeln der Technik geplant und gebaut", sagt der Sprecher der Emschergenossenschaft, die in den vergangen Jahren Hunderte Millionen Euro in die Erneuerung ihres Netzes investiert hat.

Planmäßiger Rückstau im Netz

So weit, so gut. Aber für manche Betroffenen ist schwer zu verstehen, warum es trotzdem immer wieder zum Rückstau kommt. „Abwasserkanäle sind aufgrund ihrer endlichen Dimension gar nicht in der Lage, unbegrenzt Regenwasser aufzunehmen. Daher kommt es bei Starkregen zu einem planmäßigen Rückstau ins Kanalnetz, der technisch auch so vorgesehen ist", erklärt Prof. Bosseler vom IKT. Hier muss die private Vorsorge ansetzen: Vor einer Überflutung der Keller schützen in einem solchen Fall Rückstauklappen. „Diese Rückstausicherung ist verpflichtend für alle Hauseigentümer, da sie ein wichtiger Bestandteil der privaten Grundstücksentwässerung ist. Sonst kann die Entwässerung nicht schadlos funktionieren – und es kommt zu Wasserschäden", informiert die Emschergenossenschaft. Die Pflicht zur Rückstausicherung galt schon lange – sie ist aber umso wichtiger, seit auch im Ruhrgebiet eine moderne, unterirdische Abwasser-Infrastruktur gebaut wurde, wie sie anderswo in NRW, Deutschland und Europa schon immer üblich war.

Was Eigentümer tun müssen

Leider ist die Vorsorgepflicht nicht allgemein bekannt und längst nicht in allen privaten Gebäuden korrekt umgesetzt: Mal fehlen Rückstauklappen, ein anderes Mal wurden sie nicht ordnungsgemäß gewartet und versagen im Ernstfall ihren Dienst. Auch private Drainagen, die das Haus vor Nässe schützen sollen, können eine Schwachstelle sein: Drainagen dürfen grundsätzlich nicht ans Kanalnetz angeschlossen werden – sonst droht bei Rückstau auch eine Kellervernässung von außen. Die Emschergenossenschaft weist darauf hin, dass es klimawandelbedingt in den kommenden Jahren deutlich häufiger zu Starkregenereignissen und damit auch zu Rückstaus in den Kanälen kommen kann. „Wir raten allen Hauseigentümer*innen, ihre private Grundstücksentwässerung zu überprüfen: Ist eine Rückstausicherung vorhanden? Wenn ja, ist sie auch regelmäßig gewartet worden? Liegen Grundwasserdrainagen unter dem Grundstück? Wenn ja, führen sie ordnungsgemäß vom Haus weg?" Wer sich mit diesen Fragen beschäftigt und vorsorgt, dürfte auch bei heftigen Regengüssen auf der sicheren Seite sein.

"Starkregen wird uns künftig häufiger treffen. Wir raten daher, die private Entwässerung zu prüfen und regelmäßig warten zu lassen."

Ilias Abawi, Pressesprecher der Emschergenossenschaft

Wir fragen Prof. Dr. Bert Bosseler IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur Gelsenkirchen

Starkregenereignisse nehmen zu, und mancherorts überfluten dann die Keller. Woran liegt das – sind die Kanäle nicht groß genug ausgelegt?

Von Starkregenereignissen spricht man, wenn plötzlich sehr große Regenmassen anfallen. Das ist ein eher seltenes Problem, und die Ableitung solcher Wassermengen ist tatsächlich gar nicht der Zweck der Kanalisation. Kanäle werden darauf nicht bemessen. Bei Starkregen muss das Wasser auch oberflächlich abgeleitet werden. Das gilt gerade für Extremwetterereignisse, die als Folge des Klimawandels häufiger auftreten.

Wie können Hauseigentümer vorsorgen, damit ihr Keller nicht volläuft?

Wenn die Kanalisation bei extremen Wetterereignissen überlastet ist, kann es zu einem Rückstau ins Haus kommen. Davor schützen als Standard Rückstausicherungen – am einfachsten durch eine Rückstauklappe, die sich bei entsprechendem Wasserdruck aus dem Kanal automatisch schließt. Sind Eigentümer zur Vorsorge verpflichtet? Die meisten kommunalen Entwässerungssatzungen verweisen auf die Notwendigkeit, solche Rückstausicherungen einzubauen. Sie sollten aus unserer Sicht selbstverständlich sein – zumal die Versicherungen unter Umständen nicht für Schäden aufkommen, wenn diese selbstverständliche Vorsorge nicht getroffen wurde.

Ist man mit einer Rückstauklappe sicher?
Leider nicht zu 100 Prozent: Auch wenn der Rücklauf vom Kanal in den Keller verschlossen ist, kann es Probleme geben – zum Beispiel, wenn die Grundstücksleitungen undicht sind oder Wasser durch angeschlossene Drainagen austritt und die Kellerwände von außen vernässt. Wer vorsorgen will, sollte unbedingt auch das private eigene Leitungsnetz auf Dichtheit prüfen lassen.

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